Dagmar Mißfeldt

Dagmar Mißfeldt, Foto: Michael Korte

Dagmar Mißfeldt gewinnt mit der Übersetzung von »Beinahe Herbst/Nærmere høst« von Marianne Taurin aus dem Norwegischen

»Die Herausforderung beim Übersetzen bestand darin, die Anpassung an die Ausdrucksweise der 1940er Jahre zu leis-ten und eine Tonlage zu ÿnden, die einerseits der Erzählzeit entspricht und andererseits zugleich ür Jugendliche von heute eine eingängige moderne Sprache darstellt und zu-dem literarisch bleibt.«

Dagmar Mißfeldt, geboren 1964 in Hamburg, hat ihre Leidenschaft für die skandinavischen Länder und Sprachen nach ihrem Magister-Studium der Skandinavistik und Finnougristik im In- und Ausland zu ihrem Beruf gemacht. Seit ihrer Erstveröffentlichung 1989 übersetzt sie aus dem Schwedischen, Dänischen, Norwegischen und Finnischen neben Büchern auch Filme fürs Fernsehen und Kino.
Darüberhinaus ist sie Mitherausgeberin und -übersetzerin nordischer Anthologien. Seit 1997 lehrt sie zudem Schwedisch an der Leuphana Universität Lüneburg und ist dort seit 2009 als Lektorin und Koordinatorin des Faches Schwedisch tätig.

Laudatio

Besonders gelungenen Jugendromanen merkt man gar nicht an, dass sie für junge
Lesende geschrieben wurden, sie sind in jedem Lebensalter ein wunderbares Leseerlebnis. »Beinahe Herbst« der 1974 geborenen Marianne Kaurin ist hierfür ein perfektes Beispiel. Er behandelt das Schick-sal der jüdischen Familie Stern im okkupierten Norwegen des Jahres 1942. Am Ende wird sich die 15-jäh-rige Ilse als einzige ihrer Familie vor den Fängen der Nationalsozialisten retten können. Die Handlung wird schonungslos direkt erzählt und behandelt die jugendlichen Leserinnen auf Augenhöhe. Dass die jugendlichen Protagonistinnen in den 1940er Jahren sich dabei in ihren Wünschen und Sehnsüchten kaum von heutigen Heranwachsenden unterscheiden, macht den Roman äußerst zeitgemäß. Der Irrsinn von Rassismus und Verfolgung lässt sich durch die Identifikation mit den Figuren fast körperlich spüren. Diese Qualität des Textes kann gerade heute nicht genug hervorgehoben werden. Mit ihrer Überset-zung gelingt es Dagmar Mißfeldt herausragend, den atemlos parataktischen Stil aus dem Norwegischen zu übertragen. Die Sprache ist, der Fluchtgeschichte immer angemessen, ernsthaft gehalten und er-zeugt nebenbei einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann und will. Dagmar Mißfeldt hat alles dafür getan, diesen wichtigen Jugendroman für uns zugänglich zu machen – möge er hoffentlich sehr viele Leser*innen aller Altersgruppen im deutschsprachigen Raum finden!
John Cohen