Uticha Marmon wird für ihr Kinderbuch »Dreizehn Wochen Sonntag oder Wie ich den Kaninchen die Sprache zurückgab« ausgezeichnet

»Eines steht fest: Wer der Meinung ist, dass ›Kaninchenbau‹ noch immer ein Schimpfwort ist, der hat sicher nie einen Fuß hier reingesetzt. «

Uticha Marmon, geboren 1979, studierte Dramaturgie, Literaturwissenschaft und Pädagogik in Mainz, Wien und München. Sie arbeitete als Theater-Dramaturgin und war einige Jahre als Lektorin und Regisseurin bei einem großen Hörbuchverlag tätig, ehe sie sich selbstständig machte. Seitdem schreibt sie Kinderbücher, produziert als Dramaturgin und Regisseurin Hörbücher und Hörspiele und engagiert sich in der Lese- und Zuhörförderung. Zuletzt erschienen sind »Als wir Adler wurden«, Fischer Sauerländer 2020, »Karly, Rocky und der große Schmutzkyplan«, Planet! 2020. »Dreizehn Wochen Sonntag oder Wie ich den Kaninchen die Sprache zurückgab« erscheint im Frühjahr unter dem Titel »Das stumme Haus« bei Fischer Sauerländer.

Laudatio

Uticha Marmon nimmt uns mit in den »Kaninchenbau«, das wuselige Mehrfamilienhaus, in dem Nikosch und die anderen wohnen. Von einem auf den anderen Tag ist dort nichts mehr so, wie es mal war: Niemand darf raus, Abstand heißt das Gebot der Stunde. »Dreizehn Wochen Sonntag oder Wie ich den Kaninchen die Sprache zurückgab« ist keine Geschichte über das Virus, sondern über einen Einbruch in unser aller Leben, dem unser Verstehen zwangsläufig hinterherhinkt. Das große Verdienst des Textes ist es, genau das anzuerkennen, nämlich dass der Boden unter uns wankt – und dass diesem Wanken nicht mit vorgefertigten Antworten beizukommen ist, sondern nur mit einer ordentlichen Portion Kreativität. Auch deshalb macht die Geschichte so großen Spaß: Briefschlitzgespräche, »Virus 1 an Virus 2«-Funkrufe, Taschenlampenlichtsignale – Nikosch, Nini und Paula entwickeln gleich eine ganze Ladung witzig-origineller Lösungen, damit aus der räumlichen Distanz keine soziale wird. Und vor allem damit dem Jungen von gegenüber geholfen werden kann.
Herausragend ist die Erzählstimme Nikoschs. Mit ihr geht Uticha Marmon dicht heran an die kindliche Wahrnehmung der veränderten Situation, so dicht – und das ist ein wunderbar beiläufiger Effekt –, dass man als Leser*in beinahe vergessen kann, dass der Bericht nicht von Nikosch selbst verfasst ist, sondern dass da eine Autorin ist, die all das arrangiert hat.
Uticha Marmon hat mit feinem Humor und großer Empathie eine so glaubwürdige wie spannende Geschichte geschrieben. Sie gibt damit all den Kindern, von denen in diesem Pandemiejahr viel zu wenig gesprochen wird, eine starke Stimme.
Julia Ditschke