Nadine Pedde gewinnt den Comicpreis 2020 mit »Gespenster der DDR«
Zwei Geschichten kreisen um ein Land: Als in Rosa etwas zu wachsen beginnt, wird sie von Gespenstern der DDR heimgesucht, wodurch alte Wunden bei ihr aufbrechen. Thomas Brasch verlässt die DDR, um Künstler sein zu können, kann dorthin aber nicht mehr zurück wie zuvor.
Beide sind auf der Suche nach etwas, das in diesem Land verloren ging, doch die DDR gibt es nicht mehr.
Nadine Pedde, geboren 1986 in Pritzwalk, studierte Illustration an der HAW Hamburg, seit 2016 freischaffende Illustratorin für »reportagen«, »DUMMY«, »DB Mobil«, »BISS« und andere. 2014 Teilnahme an »The Illustrators Exhibition« bei der Bologna Children’s Book Fair, Teilnahme an mehreren Gruppenausstellungen beim Comicfestival Hamburg.
Laudatio
Nadine Pedde verknüpft drei Erzählstränge: Der Autor Thomas Brasch verlässt die DDR und spricht mit seinem Vater, der der SED treu blieb. Die fiktive Figur Rosa hat einen Tumor und liegt im Krankenhaus. Rosa wurde noch in der DDR geboren, hat aber kaum Erinnerungen daran. Verschiedene Gespenster erscheinen und erzählen Rosa von der DDR und von ihrer Mutter. Im Brasch-Stück »Geiler und Gammler« taucht der Geist der DDR als Gespenst auf, das hat Pedde zum Konzept ihrer Arbeit inspiriert. In verschiedenen Einschüben wird von der DDR und ihrem Ende erzählt, zum Beispiel von der Abwicklung des Kombinats »Schwarze Pumpe«. Wie die Figur Rosa wurde die Autorin Pedde noch in der DDR geboren, beide gehören also zur »Dritten Generation Ost«, die das Land ihrer Geburt nur aus Erzählungen kennen. Pedde lässt aber offen, wie stark autobiografisch Rosa angelegt ist. Eine atmosphärisch dichte Arbeit, die nicht vom Text, sondern von den Bildern her zu verstehen ist. Ein Gespinst aus unwirklichen Farben und Fragmenten von scheiternden Gesprächen. Eine Geschichte, die langsam gelesen und betrachtet werden will. Dann entsteht zwischen all den Schichtungen von Zitaten und Bezügen ein gespenstisches Grundgefühl von Verfall und Vergeblichkeiten, von Abschieden, geplatzten Träumen und Verletztheiten.
Markus Huber