Claudia Steinitz, Foto: Guido Notermans
Claudia Steinitz, Foto: Guido Noterman

Claudia Steinitz gewinnt mit ihrer Übersetzung des Romans »Querwege/La traversière« von Albertine Sarrazin aus dem Französischen

»Es galt der einzigartigen Mischung von Argot und Poesie, hektischem Sprudeln der Sätze und getragener Melancholie, dem einzigartigen Sog und Rhythmus ihrer Sprache eine adäquate, zeitgemäße Form zu geben, ohne die fünfzig Jahre seit dem Erscheinen des Romans unter den Tisch fallen zu lassen.«

Claudia Steinitz, 1961 in Berlin geboren, übersetzt seit dreißig Jahren Literatur aus Frankreich, der Schweiz sowie Haiti und journalistische Texte für »Le Monde diplomatique«. In der Reihe wunderbarer Werke von Autorinnen wie Veronique Olmi, Veronique Bizot und Virginie Despentes sind die drei Romane von Albertine Sarrazin ein Höhepunkt ihrer Übersetzerinnentätigkeit.

Laudatio

Patti Smith, der zu lauschen sich bekanntlich immer lohnt, sagt, ohne Alberti-
ne Sarrazin wäre sie nicht die geworden, die sie ist. Sarrazin, geboren 1937, verbrachte ein Drittel ihres Lebens in Erziehungsheimen und hinter Gefängnismauern und starb kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag. Hinterlassen hat sie drei Romane, die sie in Frankreich zur Kultautorin gemacht haben. Claudia Steinitz hat die Bücher neu übersetzt, so auch »Querwege«, erschienen im Verlag im Ink press, und dadurch auch zahlreichen deutschsprachigen Leserinnen einmalige Leseerlebnisse be-schert. Die Erzählerin in »Querwege« stellt sich nach der Entlassung aus dem Gefängnis der wieder-gewonnenen Freiheit, die nicht immer Freiheit bedeutet, und schildert einen steinigen Weg, der schließlich in der ersten Veröffentlichung mündet. Für ihre Übersetzungen – nicht nur, aber auch von Sarrazins Texten – ist Claudia Steinitz vielfach gerühmt worden, und zu den Lobeshymnen können wir womöglich nicht viel Neues beitragen, aber dafür voller Begeisterung einstimmen. In Sarrazins Tex-ten und ebenso in Steinitz‘ Übersetzungen leuchtet und flirrt jede einzelne Zeile; mal vor Wut, mal vor Traurigkeit, mal laut und schnoddrig, mal sehr poetisch und zart. Die breite Palette an Stilebenen so zu übersetzen, dass im Deutschen ein homogener Text entsteht, der Sarrazin gerecht wird, und ihrer stets rhythmischen Sprache eine natürliche und zeitgemäße Form gibt, ohne den zeitlichen Kontext des Originals zu vernachlässigen, ist eine unglaubliche Herausforderung, die Claudia Steinitz mit Verve und Können und nicht zuletzt mit einem hohen Maß an – lesbarer – Hingabe und Empathie gemeistert hat. Herzlichen Glückwunsch an die Übersetzerin und herzlichen Glückwunsch an alle Leserinnen, die Sarrazin – in Claudia Steinitz‘ Übertragung(en) – bereits entdeckt haben oder dies, hoffentlich schleunigst, tun werden. Stefan Pluschkat